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Kapitel 42

~ Verhandlungen

 

Der Nebel wurde durch einen Blitz am Himmel erleuchtet. Die Schatten darin traten nun deutlich hervor. Und ich musste zugeben, dass ich mich ein bisschen fürchtete. Doch die Anwesenheit der anderen Elben gab mir Kraft. Es schein fast, als würde ihre Energie zu mir hin strömen, mich umschmeicheln und in mich dringen, sodass sie mich wissen lassen konnten, dass sie da waren und mich unterstützten.

 

Ich wollte schon meine Stimme erheben und dem Mann auf dem Pferd, der als erstes aus dem Nebel gekommen war, sagen wer ich war und was ich hier wollte. Doch dann entdeckte ich sie.

 

„Mîram!“ Hinter mir schrie Nefertirî beinahe den Namen ihrer Schwester, und alle schienen zusammen zu zucken, so verzweifelt und ängstlich klang sie. Und ich konnte es ihr nicht verdenken. Mich jedoch hatte der Anblick meiner zweiten Tochter in eine Starre versetzt. Unfähig mich zu rühren starrte ich ihren zarten Körper an, der an den Sattel gefesselt war, auf dem sie saß. Ihre Handgelenke waren bereits wund gescheuert, sie hatte eine aufgeplatzte Lippe und ihre Augen waren verquollen. Doch sie blickte trotzig drein. Bis ihre Augen den meinen begegneten.

 

Ihre Lippen bewegten sich kaum merklich, als sie mich rief, und ihre Stimme war so leise, dass der Regen sie ohne weiteres übertönen konnte. „Nana“, hauchte sie und ihr Atem bildete eine winzige weiße Wolke vor ihrem Mund, so kalt war es mittlerweile geworden.

 

Meine Gedanken überschlugen sich, als ich versuchte mir auszumalen, wie meine Tochter in die Hände der Îfhrim gekommen war. Hatte man sie tatsächlich entführt? War sie vielleicht Nefertirî und Sahîrim hinterher gelaufen, als die beiden sich davon gestohlen hatten, und war vom Weg abgekommen, sodass sie jemand gefunden hatte? Und wieso nur war sie gefesselt?

 

Ich räusperte mich, dann sagte ich: „Ich bin Lilórien Galadrieliell [1] und ich spreche für alle Elben aus Valmar. Was, bei den Valar, hat das zu bedeuten?“

 

Ein eiskaltes Lächeln erblühte auf den Lippen des Elbs, der von dem Rücken seines Pferdes zu mir herunter blickte. Ohne es wirklich zu wissen, ahnte ich, dass dies Delos sein musste. Seine dunklen Augen fixierten mich, hielten mich fest an der Stelle, an der ich stand, und sorgten dafür, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. So mutig ich vielleicht nach außen hin wirkte, in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als mich in Legolas’ Arme zu flüchten. Ich spürte seine Anwesenheit direkt hinter mir, doch ich wagte nicht, meine Hand nach ihm auszustrecken, aus Angst, diese Geste könnte falsch gedeutet werden.

 

„Mein Name ist Delos“, sagte der Elb vor mir und bestätigte damit meinen Verdacht. „Ich bin niemandes Sohn und spreche für keinen, außer für mich. Dieser Aufmarsch, den wir beide hier veranstalten, kann jedoch nur eines bedeuten: ohta [2]!“ Ich sah das Glitzern in seinen Augen, dann spürte ich die Verwirrung meiner Krieger. Was ging hier vor?

 

Ich versuchte die allgemeine Stimmung zu ignorieren und sah ihn weiter an. Ich bemühte mich jedoch, nicht bestimmend zu wirken, sondern hoffte, dass mein Blick verständnisvoll und mitleidig war. „Das hier“, sagte ich und machte eine ausladende Geste, „ist überhaupt nicht notwendig. Wir können eine friedvolle Einigung finden.“

 

Delos unterbrach mich, bevor ich noch etwas sagen konnte. „Dazu ist es zu spät!“ Er spuckte mir die Worte entgegen, beugte sich über den Pferdehals zu mir herunter und starrte mich an mit einem Antlitz, das zu einer vor Zorn verzerrten Maske geworden war. Hatte er zuvor noch falsch gelächelt, sah man nun sein wahres Gesicht. Ein Schauer lief mir den Rücken hinab, als ich daran dachte, wie das aus ihm geworden war. Natürlich war es ein schwerer Schlag für ihn gewesen, seine Frau zu verlieren. Doch daran hätten vermutlich selbst die Valar nichts ändern können. Ich hatte am eigenen Leid erfahren, wie grausam so eine Geburt sein konnte. Und auch mir war keiner von ihnen zu Hilfe gekommen.

 

Nun richtete Delos sich wieder auf, ließ von mir ab und sah stattdessen alle anderen an. Sein Blick schweifte über sie hinweg. Doch er schaute nicht prüfend oder abschätzend drein. Seine Augen waren weiterhin kalt und den Ausdruck darin konnte ich nur dahingehend deuten, dass er uns ansah wie Insekten, die man schnellstmöglich beseitigen musste.

 

„Ihr seid Emporkömmlinge“, sagte er. Dabei lenkte er sein Pferd die Reihen der Krieger entlang, sah mal seine, dann wieder meine Elben an. „Emporkömmlinge, die noch nicht einmal die Alte Sprache beherrschen, sondern nur das Grauelbisch sprechen!“ Und dann fiel es mir ein: er hatte das Quenya-Wort für Krieg gebraucht. Damit wollte er unzweifelhaft beweisen, dass wir schwach waren, dass wir keinen Anspruch auf Valmar hatten, weil unsere Familien nicht aus Valinor kamen. Doch das war Unsinn. Was sollte das beweisen? In Mittelerde gab es keinen Platz mehr für uns. Und selbst die Moriquendi [3] besaßen ein Recht darauf, das Segensreich zu betreten.

 

Empört sah ich ihn an. „Es ist keine Schwäche, sich denen anzupassen, die am wenigsten wissen. Manche von uns kommen aus Endor [4] und können die Alte Sprache nicht mehr. Sie sind nicht hier geboren worden. Willst du ihnen das zum Vorwurf machen? Niemand kann entscheiden, in welche Familie er hineingeboren wird.“

 

„Und trotzdem bleibt einem die Wahl, die richtige Seite zu wählen!“, rief er mir sofort entgegen und stoppte sein Pferd wieder genau vor mir. Nun musste ich nicht mehr darauf achten, dass mein Blick mitleidig war. Ich empfand tatsächlich so für ihn, als ich sagte: „Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch. Es gibt nur die Liebe zu den Valar und zu Ihrer Schöpfung.“

 

Meine Worte trafen ihn, als hätte ich mein Schwert gezogen und es ihm in den Bauch gerammt. Seine Augen wurden groß und hätte er sich nicht besser unter Kontrolle gehabt, wäre ihm ganz sicher auch die Kinnlade herab gefallen.

 

Schnell fasste er sich wieder, richtete sich zu seiner vollen Größe im Sattel auf und lächelte wieder dieses kalte Lächeln. „Das denkst du also?“ Er ließ mir jedoch keine Zeit, seine Frage zu beantworten. „Nun, offensichtlich kommen wir so nicht weiter. Carim, bring doch bitte unseren Gast nach vorne.“

 

Mein Herz krampfte sich zusammen, als ich sah, was er damit meinte. Ein junger Elb, der Sahîrim vom Antlitz her sehr ähnlich sah, ihm in Größe und Statur aber eindeutig unterlegen war, griff nach den Zügeln des Pferdes, auf dessen Rücken meine Tochter saß, und brachte Mîram nach vorne. Ich spürte, wie sich Legolas’ Hand beruhigend auf meine Schulter legte, und sah, dass Sahîrim Nefertirî am Arm packte, damit sie nicht nach vorne lief. Delos nahm dies alles mit einem wohlwollenden Lächeln zur Kenntnis. Offensichtlich ging sein Plan auf.

 

Jetzt, wo sie näher war, sah ich, dass man Mîram geschlagen haben musste. Ihre aufgesprungene Lippe schien nicht durch ein Missgeschick hervorgerufen worden zu sein. Der blaue Fleck an ihrem Kinn sprach deutlich dagegen. Ich musste mir auf die Zunge beißen, bis ich mein eigenes Blut schmeckte, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Wie konnte er es nur wagen, meiner Kleinen so etwas anzutun?

 

„Was soll das werden?“, rief Gimli aus der zweiten Reihe und kam nun ebenfalls nach vorne. „Willst du uns erpressen, Spitzohr?“

 

Ein Raunen ging durch die Versammelten, als sich der Zwerg nach vorne schob und ihrem Anführer so offensichtlich widersprach. Doch Delos ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Du lebst ja immer noch“, sagte er stattdessen herablassend. Und dann, an mich gewandt fügte er hinzu: „Offensichtlich bist du nicht sehr wählerisch, was deine Gesellschaft angeht, wenn du dich mit so etwas angibst.“

 

Bevor ich reagieren konnte, spannte Legolas seinen Bogen. Sein Pfeil zielte auf Delos’ Stirn. „Ich habe langsam genug von deinem Gerede. Entweder du übergibst uns unsere Tochter und ziehst friedlich ab, oder du stirbst.“

 

Der Angesprochene stieß ein lautes Lachen aus. Er warf den Kopf in den Nacken und hielt sich dabei den Bauch, während sein Körper von dieser offensichtlichen Belustigung erbebte. Obwohl Legolas eindeutig im Vorteil war, schaffte Delos es, ihn lächerlich zu machen. Ohne, dass er dafür hätte sein Schwert ziehen müssen. Wütend knirschte ich mit den Zähnen. Lange würde auch meine Selbstbeherrschung nicht mehr standhalten.

 

Trotzdem griff ich nach dem Arm meines Gemahls und drückte ihn bestimmt nach unten. Er ließ die Sehne locker. Als Delos sich wieder beruhigt hatte, sagte ich: „Du kommst mit einer Armee hierher, forderst uns heraus und hast meine Tochter in deiner Gewalt. Was genau willst du also nun von uns?“

 

„Von euch will ich gar nichts. Ich will etwas von dir!“ Er wies mit einem Finger auf mich und stützte sich danach scheinbar gelangweilt auf dem Sattelknauf ab. „Kannst du dir nicht denken, was es ist?“ Und als ich nicht antwortete, fuhr er fort: „Ich verlange, dass Lilórien mir die Stadt Valmar übergibt. Außerdem fordere ich den Ring Caeya von ihr. Im Gegenzug werde ich euch nicht mit Krieg überziehen und euch eure Häuser bewohnen lassen. Ich gebe ihr ihre Tochter zurück und lasse sie gehen. Wohin, bleibt ihr überlassen.“

 

Unsicher sah ich mich um. War er wirklich in der Lage, uns zu vernichten? Der Nebel hatte sich mittlerweile etwas zurück gezogen. Der Regen schien die Luft endlich zu reinigen. Doch noch immer weichte er alles auf, auf das er traf. In der Ferne grollte leise ein Donner und kurz darauf zuckte ein Blitz am Himmel. Das Gewitter schien sich wieder zu entfernen.

 

Delos hatte eine Truppenstärke, die die meine eindeutig übertraf. Doch seine Überzahl war nicht übermächtig. Beide Parteien waren gut ausgerüstet und wenn es tatsächlich zu einem Kampf kommen würde, konnte ich nicht sagen, wer den Sieg davontragen würde. Sollte es darauf ankommen, würde vermutlich die Ausdauer den Ausgang der Schlacht entscheiden. Und mit wie viel Herz die Krieger kämpften. Doch konnte ich mir anmaßen zu sagen, dass meine Krieger mehr davon besaßen als seine?

 

Ich blickte auf Caeya hinunter. Der Ring lag matt auf meiner Hand, ruhte an meinem Finger, als wäre er ein gewöhnliches Schmuckstück. Natürlich war er keine Waffe, doch zumindest ein bisschen Hilfe hatte ich mir von ihm erhofft. Immerhin sollte er mir doch als Kompass dienen. Wieso zeigte er mir keine Richtung an?

 

„Gib ihn mir“, sagte Delos. Ich schreckte hoch, als ich merkte, dass er mir unbemerkt so nahe gekommen war, dass er mich beinahe berühren konnte. Er hatte eine Hand nach mir ausgestreckt und forderte ungeduldig den Ring. Ein Verlangen lag in seinen Augen, was in mir das Gefühl eines Déjà-vus hervorrief. „Gib mir den Ring. Und niemandem wird etwas geschehen.“

 

Ich drehte mich von ihm weg und barg den Ring in meiner Hand. Ein Widerwille baute sich in mir auf. Wenn er ihn auch nur berühren würde, würde ich ihn dafür töten!

 

Ein Stich durchzuckte mich und mir blieb auf einmal die Luft weg. Unsicher schüttelte ich den Kopf, um das seltsame Gefühl, das sich um meinen Geist und mein Herz gelegt hatte, zu vertreiben. Diese Gedanken waren unwürdig. Dies war kein Ring der Macht, der seinem Träger ein Schild oder ein Schwert war.

 

„Ich kann ihn dir nicht geben“, sagte ich plötzlich, völlig nüchtern. „Der Ring kann nicht durch Gewalt genommen werden, sondern muss mit Leib und Seele übergeben werden. Doch mein Herz warnt mich davor, es zu tun, denn du bist nicht der Richtige dafür. Deswegen würde er dir nie vollends gehorchen.“

 

„Das ist mir egal!“

 

Fest sah ich ihm nun in die Augen. Wenn er mir nichts glaubte, meine nächsten Worte musste er annehmen. „Er würde dich zerstören!“ Für einen winzigen Moment sah ich Zweifel in seinem Blick auflodern. Doch er war so schnell verschwunden, dass ich mich fragte, ob ich ihn überhaupt gesehen hatte. Augenblicklich war der gierige Ausdruck wieder zurück gekehrt. „Du lügst!“

 

„Das tue ich nicht. Die Valar selbst gaben ihn mir. Und sie nannten mir seine Bedingungen: ‚Er birgt von jetzt an und für immer unseren Willen in sich. Handelst du in unserem Sinne, wird seine Stärke wachsen. Handelst du uns zuwider, schwindet seine Kraft und er wird erlöschen, wie die Drei es einst taten. Trage ihn mit Würde und er wird dich leiten. Wer ihn besitzt ist sein Hüter. Wenn du der Würde überdrüssig bist, gebe ihn weiter. Doch bedenke, dass derjenige dieser Aufgabe gewachsen sein muss. Nicht jeder ist in der Lage ihn zu kontrollieren. Ist er zu schwach, wird er von Caeya vernichtet werden.’ Nicht mehr und nicht weniger ist dieser Ring, als ein Kompass. Er ist keine Waffe, wie du vielleicht denken magst. Du wirst damit nie einen Krieg gewinnen.“ Ich schluckte, befeuchtete meine Lippen und wählte meine nächsten Worte mit viel Bedacht. Denn jetzt kam es darauf an. „Daher kann ich dir weder den Ring überlassen, noch Valmar. Denn ich werde diese Elben nicht im Stich lassen.“

 

Beinahe dachte ich, dass man das Brechen meines Herzens hören musste, denn mit diesen Worten hatte ich wohlmöglich das Leben meiner Tochter verwirkt. Doch welche andere Wahl hatte ich schon? Konnte ich wirklich ein einziges Leben, selbst wenn es Mîrams Leben war, gegen das von allen anderen aufwerten? Ich hatte eine Pflicht gegenüber den Elben zu erfüllen. Die Valar hatten mich dafür auserwählt, weil sie der festen Überzeugung gewesen waren, das Richtige zu tun. Wer war ich, dass ich sie jetzt enttäuschen konnte? Und insgeheim hoffte ich darauf, dass Delos doch ein Herz hatte und ihr nichts antun würde.

 

Entschlossen schluckte ich meine Tränen hinunter und biss mir wieder auf die Zunge. Ich spürte den anklagenden Blick meiner Ältesten in meinem Rücken, dann hörte ich ihre Stimme. „Nein!“, schrie sie. „Das kannst du nicht tun! Nein, ich-“ Sahîrim erstickte jeden weiteren Protest, indem er sie fest in die Arme schloss. Für ein paar Augenblicke wehrte sie sich, doch dann erschlafften ihre Kräfte und sie sank hilflos auf die Knie in den Schlamm.

 

Mein Herz zerriss abermals. Nefertirî hatte Recht. Und ich wusste, dass diese Entscheidung auf einer Seite völlig falsch war. Doch andererseits spürte ich, dass es genau das war, was ich tun musste.

 

„Wie ich sehe, ist deine Gesellschaft sogar noch schlechter, als ich es erwartet hatte. Du hast nicht nur einen Zwerg in deinen Reihen, sondern auch einen Verräter.“

 

Nefertirîs Gewimmer erstarb sofort. In weniger als einem Wimpernschlag war sie auf den Beinen, versuchte noch Sahîrims Hände abzuschütteln, ließ es dann aber bleiben. Sie trat ein paar Schritte, soweit ihr Geliebter es zuließ, auf Delos zu, und fauchte: „Er ist kein Verräter! Er folgt nur seinem Herzen! Er besitzt jetzt schon viel mehr Größe, als du sie je haben wirst!“ Doch Delos lachte nur leicht. Es erschien ihm nicht einmal die Erwiderung wert zu sein, daher tat er es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab.

 

„Mein ältester Sohn existiert nicht mehr für mich. Wenn er mit dir und deinen Eltern in die Verbannung gehen will, ist das seine Sache. Er hat mich verraten, also schulde ich ihm genau genommen noch nicht einmal das.“ Meine Tochter wollte zu einer Antwort ansetzen, doch Sahîrim hielt sie davon ab. Der Junge schien begriffen zu haben, dass sie es dadurch nur noch schlimmer machte.

 

Langsam ließ Delos sein Pferd ein paar Kreise ziehen. Noch immer schien er sich seiner Sache sehr sicher zu sein, beobachtete die Situation genau und reagierte auf die kleinste Kleinigkeit. „Nun, mein Angebot steht: gib mir Valmar und den Ring, und ich lasse dich und deine Familie ziehen. Alle anderen werden meine Untertanen. Doch niemandem passiert etwas.“

 

Meine Kiefermuskeln mahlten. Mir lag so viel auf der Zunge, was ich ihm liebend gerne entgegen geschleudert hätte, doch ich beherrschte mich. Stattdessen sagte ich: „Wenn das deine Bedingungen sind, lehne ich sie ab. Doch höre nun meine: lasse ab von diesem Unsinn und wir kehren alle gemeinsam nach Valmar zurück. Dort ist Platz genug und wir können im Einklang miteinander dort leben.“

 

„Wenn du mit ,miteinander‘ meinst, dass ich dort weniger gelte als du, dann lehne ich deine Bedingungen ab!“

 

„Vater!“, rief Sahîrim plötzlich. Er hatte Nefertirî losgelassen und sie stand nun da, wusste nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollte, und zitterte im Regen und in der Kälte. „Das alles ist doch Wahnsinn! Ich bitte dich: hör auf damit. Du kannst nicht ernsthaft das Leben dieses unschuldigen Mädchens in Gefahr bringen wollen.“

 

„Schweig!“ Seine Stimme knallte wie ein Peitschenhieb durch die Luft und brachte uns alle dazu, einen Moment lang den Atem anzuhalten. „Ich lasse mir von so einem verweichlichten Verräter nicht vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen habe. Hättest du nur getan, wozu ich dich erzogen habe, dann hätte es gar nicht dazu kommen müssen. Hätte ich dir den Auftrag erteilen können, mir den Ring zu beschaffen, wärst du ganz sicher nicht mit einem wertlosen Mädchen zurück gekommen.“

 

Meine Augen wanderten zwischen Delos und seinen Söhnen hin und her. Während Sahîrim offenbar über den Worten seines Vaters zu stehen schien und nur Mitleid für ihn empfinden konnte, schrumpfte Carim immer weiter zusammen. Noch immer hatte er die Zügel in der Hand, die das Pferd hielten, auf dem Mîram saß. Doch bald schien es mir, als könne er unter dem Tier durchlaufen, ohne sich bücken zu müssen. Was war nur geschehen, dass er so verängstig war von seinem eigenen Vater? Wie konnte ein Vater nur so etwas zulassen, dass sein Sohn vor ihm zitterte?

 

Mit einem Satz war Delos vom Pferd gesprungen, hatte die Stricke durchtrennt und meine Tochter aus dem Sattel geholt. Aus seinem Gürtel zog er ein schlankes Messer heraus, stellte sich hinter Mîram, drehte ihr die Hände mit der Linken auf den Rücken und hielt ihr die Klinge mit der Rechten an die Kehle.

 

„Lilórien, entscheide dich! Entweder du gibst mir den Ring, oder ich nehme mir das Leben deiner Tochter.“

 

 

~~*~~*~~*~~*~~*~~

 

Übersetzung:

 

[1] iell=Tochter (Galadrieliell=Tochter von Galadriel)

[2] ohta=qya Krieg

[3] Moriquendi=all jene Elben, die nie das Licht der Zwei Bäume erblickt haben

[4] Endor=Mittelerde

© by LilórienSilme 2015

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