LilórienSilme
~ Fanfiction-Autorin ~
Kapitel 1
~ Louder than Words
I can hear your thoughts
Like footsteps in the dark
Das schrille Pfeifen eines altmodischen Wasserkessels zerriss die morgendliche Stille und kündigte laut an, dass das Wasser soweit war, über den vorbereiteten Kaffeesatz geschüttet zu werden. Hektisch griff die junge Frau, die bis zu diesem Zeitpunkt an der Arbeitsplatte der Küche gelehnt und müde aus dem Fenster geschaut hatte, danach, wobei sie ein Spültuch nutzen, um sich nicht zu verbrennen, und nahm den Kessel vom Herd. Danach stellte sie die benutzte Platte aus.
Als sie das Wasser in den Kaffeefilter goss, strömte gleich ein herrlicher Duft durch die Küche, der sofort ihre noch schlafenden Lebensgeister weckte. Genüsslich reckte sie ihre Stupsnase nach oben und schnüffelte. Auch wenn sie selten vor 10 Uhr etwas Essbares zu sich nahm, eine bis zwei Tassen Kaffee am Morgen mussten sein!
Zu dem schwarzen Gold goss sie noch einen großzügigen Schluck Milch, dann nahm sie die bauchige mit bunten Blumen bemalte Tasse zwischen die Hände und hockte sich in einen der beiden Korbsessel, die auf der winzigen Veranda standen. Noch war es stockdunkel draußen, da die Sonne noch nicht einmal aufgegangen war. Doch in Neuseeland herrschte Frühsommer, sodass sie zwar einen flauschigen Kapuzenpulli trug, aber keine lange Hose, sondern nur eine Hotpants. Ihre Füße zog sie unter sich, die langen Ärmel des Hoddy über die kalten Hände und beobachtete dabei, wie sich ganz langsam ein leichtes Rot am Horizont zeigte.
Erst war es mehr eine Ahnung, doch dann konnte sie deutlich erkennen, dass der Himmel langsam heller wurde. Bald würde sie aufbrechen müssen, denn seit einer Woche hatte sie einen neuen Job, der von ihr verlangte, dass sie noch vor Sonnenaufgang aufstand, um sich fertig zu machen.
Doch sie hatte es sich so ausgesucht und sie liebte ihre Arbeit. Deswegen hatte sie auch keine Probleme damit, sich den Wecker auf 4:45 Uhr zu stellen. Vermutlich würde sich nach einer gewissen Zeit ohnehin ein anderer Tagesrhythmus bei ihr einstellen. Dann kam es ihr ganz normal vor, dass sie schon um 9 Uhr abends todmüde in ihr Bett kroch und sofort einschlief.
Noch verlangte der Job ihr nicht alles ab, doch ihr Chef hatte ihr bereits bei ihrem ersten Gespräch deutlich gemacht, dass das keine gewöhnliche Arbeit war. Das war ihr auch so schon klar gewesen, aber die Tatsache, dass er nicht müde wurde, es immer wieder zu betonen, zeigte ihr unmissverständlich, dass er sich voll mit seinem Job und seiner Firma identifizieren konnte.
Richard Taylor und seine Frau Tania Rodgers hatten vor rund 24 Jahren die Firma RT Effects in Wellington gegründet, welche nach 1994, nachdem Peter Jackson und Jamie Selkirk als Leiter dazu kamen, nur noch unter dem Namen Weta workshop agierte. Mittlerweile war das Unternehmen weit über Neuseeland hinaus bekannt, was nicht zuletzt auch daran lag, dass man mit den Der Herr der Ringe-Filmen ganze fünf Acadamy Awards sein Eigenen nennen konnte. Und selbstverständlich war man mit der nun völlig neuen Produktion ebenfalls wieder an Richard Taylor herangetreten.
Diesem Mann hatte sie nun zu verdanken, dass sie um halb 6 Uhr morgens in ihr klappriges altes Cabrio stieg und in die Stadt hinein fuhr, an dessen Rand sie mittlerweile lebte.
Noch bis vor zwei Jahren hatte sie in Auckland gewohnt, doch die Jobaussichten dort waren nicht besonders rosig gewesen. Nachdem sie ihr Studium abgeschlossen hatte, hatte sie mehr bewegen wollen, als nur eine billige Kollektion für eine Kaufhauskette zu entwerfen. Und das Jobangebot, was sie schließlich erhalten hatte, hatte ihr das möglich gemacht.
Eigentlich glaubte sie noch immer, nur zu träumen, denn so ganz konnte sie immer noch nicht glauben, dass man persönlich zu ihr gekommen und ihr diese Stelle angeboten hatte. Offenbar hatte jemandem sehr wichtigen ihre bisherige Arbeit außergewöhnlich gut gefallen. Und was hätte sie auch dagegen sagen können? Wie vermutlich jeder Künstler war sie ab und an mal nicht ganz mit dem zufrieden, was sie ablieferte, doch im Großen und Ganzen stand sie hinter dem, was sie fabrizierte.
Gemächlich lenkte sie ihren rostigen blauen BMW über die Miramar Avenue, bog dann in die Stone Street ein, wo sie an der Seite einen der begehrten Parkplätze ergatterte, und stieg aus. Sofort fuhr ihr der frische Wind aus der Evans Bay unter die dünne Jacke und brachte sie leicht zum Frösteln. Das war einer der Momente, in denen sie bereute, den Job angenommen zu haben. Doch sobald sie ihren Ausweis am Eingang vorgezeigt und in die unglaubliche Welt hinter der rotweiß gestreiften Schranke eingetaucht war, waren ihre Zweifel sofort wieder verflogen. Genüsslich atmete sie die Luft ein, die irgendwie ganz anders war, als noch draußen auf der Straße, und freute sich schon ein bisschen auf die morgendliche Besprechung, die immer um Punkt sieben Uhr begann, zwar für eine Stunde angesetzt war, aber selten vor halb 9 endete. Ein einziges Mal hatten sie es bisher in dieser einen Woche geschafft, weniger als 90 Minuten zu brauchen. Mal sehen, welcher Tag heute war.
Eigentlich befand sich ihre reguläre Arbeitsstätte ca. zweieinhalb Kilometer weiter die Straße runter, doch der Mann, der über allem anderen stand, auch über ihrem eigenen Chef, wollte jeden Morgen einen genauen Lagebericht haben und wissen, was am Tag zuvor passiert war und was man sich für den heutigen vorgenommen hatte. Im Geiste verglich er dann immer seine eigenen Pläne mit denen der anderen und überlegte genau, ob sich das mit seinem strengen Zeitplan deckte. Meistens war das natürlich nicht der Fall und sie hatten bereits jetzt einen Rückstand von mehreren Monaten. Was man sonst vermutlich in Jahren schaffen konnte, musste nun eben in Wochen gepackt werden. Aber daran konnten sie nichts ändern. Deswegen mussten sie lernen, damit zu leben.
Hätte ihr jemand vorher gesagt, worauf sie sich hier eingelassen hatte, hätte sie entweder sofort gekündigt oder mehr Geld verlangt. Doch sie war einfach so hier hinein gerutscht und nun steckte sie mitten drin in einem der größten Abenteuer ihres Lebens.
Als sie in den Besprechungsraum kam, war Bob, einer ihrer Kollegen, schon da. Der Mitvierziger sah heute Morgen besonders zerzaust aus, trug wie immer seine dunkle Hornbrille und eine viel zu kleine Jacke. Mit einem knappen Nicken in ihre Richtung registrierte er, dass sie pünktlich war, und widmete sich dann wieder seinen Notizen.
„Guten Morgen, Joe“, wurde sie nun auch von ihrer dritten Kollegin Ann begrüßt. Diese Frau mochte sie ganz besonders. Nicht nur, weil sie besonders herzlich war, sondern auch, weil sie sie ein bisschen an ihre Mutter erinnerte. Doch der Grund, warum sie sie über die Maßen bewunderte, war der, dass Ann bereits für so viele außergewöhnliche Filmprojekte verpflichtet worden war, dass sich diese Liste wie ein gut geschriebener Filmführer lesen ließ.
Joe ließ sich neben ihr auf einen Stuhl gleiten, streckte ihre Beine unter den massiven Tisch aus, der schon gut besetzt war, und lächelte ihr schüchtern zu. Sie hatte ihre anfängliche Scheu diesen ganzen berühmten Leuten gegenüber noch nicht abgelegt. Und vermutlich würde sie das auch nie. Deswegen bemühte sie sich, ziemlich beschäftigt zu wirken und ihre Notizen zu ordnen, die sie sich gestern vor dem Schlafengehen noch zurecht gelegt hatte. Bisher waren ihre Entwürfe gut angekommen. Doch noch wurde es auch nicht besonders ernst. Der Dreh sollte erst in drei Monaten beginnen. Bis dahin hatten sie allerdings noch sehr viel zu tun.
Wenig später, etwa sechs Minuten nach sieben, betrat dann der Mann den Raum, der für dies alles hier verantwortlich war. Peter Jackson, ein gedrungener kleiner Mann mit einem dunklen Vollbart, der offenbar nie das tat, was er von ihm wollte, und einer noch wirreren Haarpracht, gekleidet in eine viel zu kurze Hose und einen abgetragenen Sweater, rauschte in den Raum, der mittlerweile voll war, und zog sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Er grüßte fröhlich in die Runde und plumpste dann mit seinem Kaffeebecher in den Stuhl am Kopfende des Tisches, während seine Frau Fran etwas eleganter Platz nahm.
„Guten Morgen, alle zusammen“, sagte er, bevor er mit der freien Hand nach einem Blatt Papier angelte. „Ich möchte es heute kurz machen und euch nur schnell den neusten Stand mitteilen.“ Kurz kramte er in der imaginären Box in seinem Gedächtnis. „Drehbeginn soll am 14. Februar sein. Bis dahin haben wir allerdings noch viel zu tun.“
„Ja“, ergriff nun Fran das Wort. Sie war organisierter als ihr Mann, allerdings auch nicht zu sehr, dass sie sich mit dieser Eigenschaft in die Quere kommen konnten. Doch wenn Peter etwas nicht wusste, dann wusste es Fran. Und wenn Fran auch einmal der rote Faden verloren gehen sollte, waren entweder Carolynne oder Philippa zur Stelle. „Einen Hauptdarsteller haben wir ja schon mal. Martin Freeman wird, wie die anderen Schauspieler, Mitte Januar eintreffen. Im Moment haben wir sieben von dreizehn Zwerge, sowie Gandalf und Gollum. Wobei die beiden letzteren noch nicht offiziell bestätigt haben. Aber da warten wir nur noch auf den routinemäßigen Anruf.“ Dann sah sie Richard Taylor an, der zwei Plätze von Joe entfernt saß.
Der Leiter von Weta workshop war ein Mann um die Fünfzig, groß gewachsen, mit kurzen braunen Haaren, weichen Gesichtszügen und einem wahnsinnig starken Akzent. Er war ein unglaublich netter Mensch und konnte vermutlich niemandem böse sein, selbst wenn derjenige dafür verantwortlich war, dass die Welt unterging. Seine runden Brillengläser erinnerten Joe immer ein wenig an Harry Potter.
Richard räusperte sich kurz, sah seine drei Kollegen an, die mit ihm gemeinsam für die Entwürfe der Kostüme verantwortlich waren, dann sagte er: „Das Konzept für die Zwerge steht auch soweit. Wir haben bereits ein paar Stoffproben zusammen gestellt, die ihr euch im Workshop gerne ansehen könnt. Ann arbeitet gerade an den Waffen, während Joe sich an die Elbenkostüme macht. Da haben wir allerdings noch nicht alles. Die Sachen für Gandalf, Alt-Bilbo und Elrond haben wir ja noch. Ja...“, er warf einen Blick in die Runde, „hab ich irgendwas vergessen?“ Doch alle schüttelten den Kopf. Erst einmal schien es das zu sein. Danach war der Rest der Crew dran.
Dieses Mal dauerte die Besprechung zwei volle Stunden und Joe war heilfroh, als sie endlich wieder aus diesem Raum herauskam. Nicht, dass die Besprechung langweilig gewesen wäre, doch da sie nie etwas sagte und nur zuhörte, konnte es schnell eintönig werden. Auch nicht zuletzt, weil der Raum, um sich nicht ablenken lassen zu können, keine Fenster hatte, und das schlug ihr jedes Mal auf ihr zartes Gemüt. Mit einem knappen Winken verabschiedete sie sich von den Leuten, die ihr kaum Beachtung schenken, und wollte schon zur Tür hinaus eilen, als Peter sie aufhielt. „Warte mal, Joe!“, rief er ihr hinterher.
Nur widerwillig blieb sie stehen. Sie mochte es nicht, wenn man sie persönlich um Auskünfte bat oder gar von ihr verlangte, etwas aus dem Stehgreif zu entwerfen. Sie konnte auf Kommando kreativ sein, doch das war nicht das Problem.
„Wie weit bist du mit Galadriels Kleid für den ersten Teil?“
Na super, dachte sie, das ist genau die Frage, die man mir nicht stellen sollte. Sofort schoss ihr das Blut in die Wangen und ließ sie erröten. Sie hasste es, wenn das passierte, wusste sie doch, dass sie gleich anfangen würde zu stottern, wenn sie überhaupt irgendetwas herausbekam. „Ähm“, machte sie daher nur, während sie ihren Skizzenblock mit der Linken festhielt und mit der Rechten darin herumwühlte und nach der richtigen Zeichnung suchte. „Also, das - äh...“, doch ihre Stimmbänder wollten ihr nicht gehorchen.
Innerlich verfluchte sie sich selbst dafür, doch so sehr sie sich auch selbst Mut zusprechen wollte, es wollte ihr nicht gelingen, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. Komm schon, Joe! Sag etwas! Nur irgendetwas, was halbwegs intelligent klingt... Die Tatsache, dass der kleine Mann sie immer noch freundlich anlächelte und geduldig darauf wartete, dass sie mit der Sprache herausrückte, machte es auch irgendwie nicht besser. Obwohl sie sich hier sehr wohl fühlen sollte, bereitete es ihr zunehmend Schwierigkeiten, sich zugehörig zu fühlen. Denn je weniger sie mit anderen Menschen sprechen konnte, desto größer wurde die Distanz zwischen ihr und dem Rest der Crew. Was wiederum dazu führte, dass ihre Schüchternheit nur noch zunahm. Es war ein ein Teufelskreis.
Endlich hatte sie nach einer gefühlten Ewigkeit gefunden, wonach sie suchte. Die seltsamen Blickte, die man ihr dabei zugeworfen hatte, hatte sie genau gespürt. Sie wusste, was die Leute über sie dachten: brillant, aber doch dumm - hübsches Gesicht, aber kein Charakter. Da sie die Gabe hatte, sich überall anschleichen zu können, weil sie von klein auf daran gewöhnt war, unsichtbar zu sein, hatte sie schon oft hören können, wie man sich in der Teeküche über sie unterhielt. Und das, obwohl sie noch nicht so lange dabei war. Oder vielleicht sogar gerade deswegen. Auch das war ein Grund, wieso sie lieber wieder zur Uni gegangen wäre. Dort war es nicht wichtig, dass man rhetorisch rein gar nichts drauf hatte.
Mit zitternden Fingern überreichte sie dem Regisseur endlich das Blatt. Der Entwurf war noch nicht perfekt, denn immerhin war er nur ein Entwurf. Doch er zeigte schon ein paar Details, die ihr sofort in den Sinn gekommen waren, als sie die ersten Striche auf das Papier gesetzt hatte. Zusätzlich hatte sie winzige Stoffproben daran geheftet, damit sich auch Leute mit weniger Fantasie vorstellen konnten, wie es in ihrem Kopf bereits aussah.
Peter warf einen prüfenden Blick darauf, dann hellte sich seine Miene wieder auf. „Das ist sehr gut!“, sagte er. Dabei tat er nicht im Geringsten überrascht. Im Gegenteil, er hatte nichts anderes von ihr erwartet.
Als Richard vor etwa zwei Jahren mit dem Wunsch an ihn herangetreten war, frischen Wind in die gesamte Produktion zu bringen, hatte er das Ganze noch mit einem Kopfschütteln abgetan. Immerhin hatte damals nicht er die Verantwortung getragen, sondern Guillermo del Toro. Doch nachdem der eigentliche Regisseur aus privaten Gründen hatte absagen müssen, war Jackson wieder in die ihm alt bekannte Rolle gerutscht und als Vater der Kompanie erneut eingetreten.
In der Zeit, in der er allerdings nicht mehr als ein Producer gewesen war, hatte er über Richards Bitte nachgedacht und sich umgesehen. Dabei war ihm die Faculty of Arts von der Auckland University ins Auge gefallen und er hatte eine dieser Ausstellungen besucht, bei denen sich die Absolventen mit ihren eigenen Kunstwerken präsentieren konnten.
Dabei waren ihm die außergewöhnlichen Entwürfe der jungen Johanna Taylor aufgefallen. Vielleicht war es Zufall, dass Joe und Richard denselben Nachnamen teilten und er sie sich deswegen näher angesehen hatte. Doch Peter Jackson war ein Mann, der nicht an Zufälle glaubte. Und als er vor kurzem endlich dazu bereit war, doch die Zügel in die Hand zu nehmen und erneut den Regisseur zu spielen, hatte er die junge Frau zu einem Gespräch eingeladen.
Das war vor nicht einmal zwei Wochen gewesen. Doch jetzt, da die Entscheidung für ihn selbst auch gefallen war, dass er sich dieses einmalige Ereignis, wie er es damals bei Der Herr der Ringe genannt hatte, ein zweites Mal antun wollte, musste alles sehr schnell gehen. Sie würden nicht einmal drei Monate für eine komplette Neustrukturierung haben, denn das Design, das del Toro für die beiden Hobbit-Filme entworfen hatte, war zwar großartig, aber eben von del Toro. Und ein Peter Jackson konnte nun einmal keinen Guillermo del Toro-Film machen.
Das hatte nichts mit Eitelkeit zu tun. Peter wusste ganz genau, dass die Sachen wahnsinnig gut waren, die sein Vorgänger, wie er es gerne nannte, sich erdacht hatte. Doch in diese Fußstapfen zu treten wäre ein Fehler gewesen. Er musste sich selbst eine Vision von Mittelerde schaffen, die er auch umsetzen konnte. Und dazu benötigte er genau solche Leute wie Joe, die ihm genau das lieferten, was er auch suchte.
Nun, da er sich den ersten Entwurf für Galadriels Kleid ansah, wusste er auch genau, dass er richtig gehandelt hatte, als er sie Richard zur Einstellung vorgeschlagen hatte. Es war nicht besonders auffällig, hatte einen glatten Rock mit ein paar schimmernden Applikationen, doch mehr würde Cate Blanchett, wenn sie die Rolle ein zweites Mal annahm, auch nicht brauchen. „Hast du Cate schon mal auf der Bühne gesehen?“, fragte Peter sie, als er ihr das Blatt wieder zurück gab.
Doch anstatt einer Antwort schüttelte Joe nur den Kopf. Ihre Lippen hatte sie fest zusammen gepresst, denn sie wusste, dass wieder nur Unsinn herauskommen würde. Doch offenbar war es auch gar nicht nötig, dass sie etwas sagte, denn Peter fuhr fort: „Du hast sie bisher nur auf der Leinwand gesehen, richtig?“ Es war eigentlich mehr eine Feststellung, denn eine Frage, deswegen schenkte sich Joe dieses Mal auch das Nicken.
„Mit diesem Kleid hast du jetzt schon einen riesen großen Teil von Galadriels Persönlichkeit eingefangen. Das ist wirklich großartig! Ich bin mir sicher, dass es noch besser wird, wenn du noch etwas daran arbeitest.“ Dann nickte er ihr noch einmal zu, tippte sich an den imaginären Hut und war verschwunden.
Joe blieb alleine im Konferenzraum zurück, denn in der Zeit, in der sie in ihren Unterlagen gewühlt und nur blöd vor sich hin gestottert hatte, waren alle anderen an ihre Arbeit zurückgekehrt. Und das würde sie jetzt auch tun müssen.
Schnell raffte sie daher alles an sich, was sie noch brauchte, und flitzte nach draußen. Sie war nicht beleidigt darüber, was Peter gesagt hatte, dass sie noch etwas an der Skizze arbeiten musste. Das wusste sie selber nur zu gut. Das Kleid war noch nicht perfekt. Und das schien er auch so gesehen zu haben. Offensichtlich war der kleine Mann, der allerdings im Gegensatz zu ihr noch ein ganzes Stück größer war, ein Gedankenleser. Bisher hatte sie ihm nie großartig erklären müssen, was sie sich vorstellte. Es war ihr beinahe so vorgekommen, als wüsste er schon, was sie ihm sagen wollte, bevor sie es überhaupt selber wusste.
Nicht, dass sie jemals eine üppige Rede vor ihm gehalten hätte. Doch er schien sie mit nur wenigen Worten zu verstehen. Und das machte ihr Mut und ließ sie sich für einen Moment tatsächlich zu dieser großen lauten Familie zugehörig fühlen.